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Hola! Was tust du gerade? Klar doch: Du verbringst Zeit damit, diese Zeilen zu lesen (was du nicht bereuen wirst). Über die Zeit gibt es unzählige Meinungen und philosophische Ergüsse. Sollten wir uns überhaupt mit der Zeit befassen? Denn egal, ob wir es tun oder nicht, sie zerrinnt, Sand zwischen unseren Fingern.

Oder etwa doch nicht?

Im Gefängnis steht die Zeit still. Bei einem Rendezvous mit dem liebsten Menschen vergeht sie im Fluge. Zeit ist also relativ. Und launisch. Der griechische Gott der Zeit heisst Chronos (daher das Chronometer). Klar. Doch wer weiss schon, dass Chronos einen Vetter hat? Dieser weitgehend unbekannte Kerl namens Kairos ist der Gott des günstigen Zeitpunkts für eine Entscheidung. Trifft man diese nicht, kann dies böse Folgen haben.

Kairos sagt: „Entscheide dich … jetzt!“

Als ich während meiner Recherchen über diesen Gott stolperte, musste ich ihn unbedingt in meinen Thriller „Tödlicher Schatten“ einbauen, inklusive einen Teil des Gedichts von Poseidippos von Pella, ein Dialog, bei dem Kairos sich selbst erklärt (gekürzte Fassung):
Wer bist du?
Ich bin Kairos, der alles bezwingt!
Warum fällt dir eine Haarlocke in die Stirn?
Damit mich ergreifen kann, wer mir begegnet.
Warum bist du am Hinterkopf kahl?
Wenn ich mit fliegendem Fuß erst einmal vorbeigeglitten bin,
wird mich auch keiner von hinten erwischen
so sehr er sich auch bemüht.“

Nur nichts Falsches tun …

Die Botschaft: „Nur nichts Falsches tun“ ist schön und recht, aber Nicht-Handeln kann auch fatal sein. Manchmal geht es im Leben darum, den Moment einfach zu packen, egal, wie unsicher wir sind
– denn er kommt nie wieder. Passivität ist also keine Pauschallösung. Kairos wird uns ein Leben lang begleiten, an uns vorbeiflitzen und uns nur ganz, ganz wenig Zeit geben um zu entscheiden, ob es darum geht, abzuwarten – oder den Moment beim Schopf zu ergreifen.www.PatakBooks.com Yves Patak Schriftsteller Kairos der Gott des günstigen Augenblicks

In meinem Praxisalltag erkenne ich täglich, wie Menschen unter der Bürde der nicht-getroffenen Entscheidung leiden. Im angelsächsischen Raum nennt man dieses oft tiefsitzende psychologische Problem Procrastination, zu Deutsch: Verschleppungstaktik oder Aufschieberitis.

Entscheidungen treffen ist nicht leicht – aber es befreit, macht den Kopf frei für anderes. Somit gilt: wer sich nicht entscheiden kann, werfe eine Münze. Langes Grübeln hat noch kaum je eine bessere Entscheidung gebracht. Und ich entscheide mich dafür, diesen Artikel an dieser Stelle zu beenden und an meinem nächsten Thriller weiterzuschreiten …