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Unser Leben ist oft hart und stressig. Wen überrascht’s, dass wir uns gerne zwischendurch belohnen, am liebsten täglich: Ein Glas Wein, ein Stück Torte, Netflix and Chill, eine neue Handtasche, der langersehnte Urlaub auf den Malediven. 

Instant Satisfaction

Doch kennen Sie den Marshmallow Test? Diesen ebenso simplen wie ominösen Test, der so unheimlich viel über unsere Möglichkeiten und den Verlauf unseres Lebens aussagt? Falls Sie ihn nicht kennen, stecken Sie vielleicht bereits in der Kuschelfalle. 

Wir lieben Belohnungen. Im Fastfood-Zeitalter verlangen wir ‚Instant Satisfaction‘, die sofortige Befriedigung oder Belohnung, möglichst ohne Anstrengung. Dass dieses Verhalten uns keine Lorbeeren bringt, haben die meisten erkannt, nur ist es so verflixt anstrengend, es zu ändern. 

In der Psychologie gibt es den Begriff Belohnungsaufschub. Man verzichtet auf eine kleine, sofortige Belohnung, um irgendwann in der Zukunft eine grössere zu erhalten. Dies bedingt Warten oder Anstrengung, oft beides. 

Belohnungsaufschub

1960 führte der Psychologe Walter Mischel ein Experiment durch, das Weltrum erlangte. Bekannt wurde es als Marshmallow-Test. Etwa fünfhundert Mädchen und Jungs von vier Jahren erhielten einen Marshmallow vorgesetzt und durften wählen: entweder konnten sie das süsse Gummiding sofort essen, oder aber eine Viertelstunde warten, um dann zwei davon zu bekommen. 

Was für ein Stress das Warten für die Kleinen war, zeigt sich in diesem Video: 

https://www.youtube.com/watch?v=QX_oy9614HQ

Insgesamt schaffte es nur jedes fünfte Kind, auf den zweiten Marshmallow zu warten. 

Der Lohn der Qual

Nun folgt der spannende Teil: Jahrzehnte später suchte das Marshmallow-Team alle Kinder auf, die damals beim Test mitmachten. Erstaunlicherweise zeigten diejenigen Kinder, die als Vierjährige warten konnten, deutlich bessere akademische Karrieren als die anderen, sowie verschiedene positive Persönlichkeitseigenschaften, die sie von den anderen abhoben. Insgesamt schienen sie sogar allgemein zufriedener im Leben zu sein und bessere Ehen/Partnerschaften zu führen. 

Es geht bei diesem Test also um Belohnungskontrolle, oft gleichgesetzt mit Impulskontrolle oder Selbstdisziplin.

Doch was ist nun das Fazit? Natürlich könnte man spekulieren, dass da auch genetische Faktoren im Spiel sind. Doch nüchtern betrachtet bleibt die eine Erkenntnis: Von allen Eigenschaften, die wir beim Spiel des Lebens mitbringen, scheint – neben Intelligenz, Talent, sozialem Hintergrund etc. – eine die Joker-Karte zu sein: DISZIPLIN!

Zur Disziplin gehört unweigerlich eine gewisse Frusttoleranz: Die Fähigkeit, frustrierende Situationen beim Erreichen eines angestrebten Ziels zu ertragen. Daher kommen wohl auch all die wenig beliebten Evergreen-Sprüche wie „Was dich nicht umbringt, macht dich stark“, „Von nichts kommt nichts“, „Ohne Fleiss kein Preis“, „Per Aspera ad Astra“ und so weiter. 

In meinem Praxisalltag, bei Psychotherapie und Coaching, geht es immer um Veränderung – um eine Entwicklung, die uns letztlich eine bessere Lebensqualität bringt. Jede Veränderung braucht Energie. Disziplin ist eine Form von Energie, und vermutlich diejenige, die unser Lebensglück am nachhaltigsten beeinflusst. In einem Zeitalter, in dem wir von Möglichkeiten und Erwartungen überflutet werden, ist es oft schwierig, diese begrenzte Energieform gezielt einzusetzen. Die pragmatischste Formel ist deshalb, sich wenige, konkrete Ziele zu setzen – und täglich mit Disziplin daran zu arbeiten. Sich mit dem Marshmallow-Test vor Augen täglich daran zu erinnern, dass sich der Aufwand lohnt, und dass Disziplin erstens erlernbar ist, und zweitens das ganze Leben zum Besseren verändern kann. Und weil das noch nicht allzu verlockend klingt, braucht es das richtige Motto dazu:

The harder the battle, the sweeter the victory!

(Auf Deutsch: Je grösser die Herausforderung, desto süsser der Sieg!

(Foto: Leon Contreras, Unsplash)