Die Konfrontation mit der Angst ist für mich als Arzt Alltag, ebenso wie die Frage gewisser Patienten: „Dr. Patak, wie können Sie als liebevoller und emphatischer Arzt Gruselstorys und Thriller schreiben?“
Offenbar leiden nur wenige Krimi-Schriftsteller unter zweier sehr gegensätzlichen Leben. Dabei liegt des Rätsels Lösung vielleicht näher, als man denken würde, und spiegelt sich möglicherweise in einem meiner liebsten Stephen King-Zitate:
From a very early age, I wanted
to be scared. [I think that] I wanted an emotional engagement with something that was safe,
something I could pull back from. (Stephen King)
Frei übersetzt: Bereits in sehr jungen Jahren wollte ich Angst erleben. Ich glaube, ich wollte einen emotionalen Bezug zu etwas aufbauen, das ungefährlich war, von dem mich mich (jederzeit) lösen konnte.
Für mich drückt dieses Zitat etwas aus, das die Brücke schlägt zwischen meinen Berufen als Psychotherapeut und Schriftsteller:
Es geht um Konfrontation.
Denn die Konfrontationstherapie wirkt als Brücke zur Entwicklung, zur Veränderung. Der Angst Freiwillige Konfrontation mit der Angst ist nicht pervers, sondern weise. Als Menschen fühlen wir uns oft verloren, hilflos, schutzlos, ausgeliefert. Da stehen wir auf einer kleinen blauen Kugel, die mit 100’000 kmh durchs Weltall rast, um uns herum unzählige potentielle Gefahren.
Um uns herum?
Pustekuchen! Es gibt nicht nur fanatische Muslime, psychotische Präsidenten, fiese Chefs, borstige Schwiegermütter, drohende Klimaerwärmung, Killer-Meteoriten, Ebola und Hungersnöte, sondern auch die tausend Gefahren in uns drin: Woher wissen wir, dass nicht gerade jetzt, in dieser Minute, ein Krebs in uns heranwächst? Unsere psychische Stabilität in Schräglage gerät? Unser Herz stehenbleibt?
Der Mensch kann mit Unsicherheit schlecht umgehen.
Aber er kann es lernen. In der Psychotherapie ist eine der wirksamsten Methoden die Konfrontationstherapie. Und hier, wie meist im Leben, macht Übung den Meister. Auch die moderne Psychotherapie arbeitet durchaus mit Gruselelementen: Psychotherapeuten begleiten ihre Klienten mit Virtual Reality langsam zur vermeintlichen Gefahr, bis diese ihren Horror-Charakter verliert.
Das Lesen von Spannungsliteratur und Krimis, die KOnfrontation mit gefährlichen, blutigen, verstörenden Geschichten, kann als Therapie angesehen werden.
Die Psyche unterscheidet nicht so sehr zwischen Realität und Phantasie, wie viele meinen, weshalb „bildhaft-imaginative Ansätze stärkere als gedachte Effekte haben dürften.“ Und jetzt wird’s spannend:
Sowohl die Hypnosetherapie wie auch der Thriller arbeiten sehr intensiv mit inneren Bildern und Emotionen!
Wie bereits in einer früheren Ausgabe von „Pataks Schatzkiste“ berichtet, reagieren selbst Depressive positiv auf das Lesen von Krimis – eine Tatsache, die auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, doch im Licht der Konfrontationstherapie verständlich wird.
Ich beginne also, meine Arbeit als Schriftsteller mit neuen Augen zu sehen. Unterhaltung mit Gruseleffekt zum einen … Psychotherapie zum anderen. Was kann ich sagen: I love it!
Hier geht’s zum Artikel: Virtual Reality in der Psychotherapie